Im Frühjahr 2020 hat das deutsche Verteidigungsministerium Planungen bekannt gegeben, die bisherigen Trägersysteme durch den Kauf von 30 Flugzeugen des Typs F-18 E/F „Super Hornet“ zu ersetzen. Anfang Mai 2020 hat der SPD Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich in einem Interview die technische nukleare Teilhabe grundsätzlich in Frage gestellt. Im Anschluss wurde eine intensive öffentliche Debatte unter Expert*innen und Fachpolitiker*innen geführt.
Die folgende Auflistung zeigt einige der häufigsten Argumente für bzw. gegen eine Fortsetzung der technischen nuklearen Teilhabe. Dabei wird keine Bewertung oder faktische Überprüfung vorgenommen. Leser*innen sollen vor allem einen Einblick zu unterschiedlichen Positionen erhalten.
Pro-Argumente
- Die in Deutschland (und den Niederlanden, Belgien und Italien) stationierten amerikanischen Kernwaffen sorgen für Zusammenhalt in der NATO und binden die USA an Europa
- Die nukleare Teilhabe stärkt die NATO-Solidarität und ist ein konkretes Beispiel für die allseits geforderte Lastenteilung innerhalb des Bündnisses.
- Berlins Einfluss in der NATO wird durch die Kernwaffen auf deutschem Boden gestärkt (vgl. Spiegel und Süddeutsche Zeitung)
- Kernwaffen der technischen nuklearen Teilhabe sind notwendige Verhandlungsmasse für zukünftige Abrüstungsverhandlungen mit Russland
- Die in Europa stationierten Kernwaffen haben eine (politische) Abschreckungswirkung, und stabilisieren insbesondere die NATO-Ostflanke gegen russische Aggressionen
- Andere Alternativen zur Sicherstellung von Abschreckung (etwa Stationierung von Kernwaffen in Polen) sind kein Sicherheitsgewinn für das Bündnis und potenziell destabilisierender für das Verhältnis NATO-Russland
Contra-Argumente
- Die Kombination aus Jagdbombern und Freifallbomben ist heute militärisch obsolet (vgl. auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages und Greenpeace)
- Die Kosten für eine Modernisierung der Trägersysteme sind zu hoch, insbesondere wenn die vorrangige Funktion der neuen Kampfflugzeuge die nukleare Rolle ist
- Stationierung von Kernwaffen in Nichtkernwaffenstaaten stellt einen Bruch der Vereinbarungen des nuklearen Nichtverbreitungsvertrages (NVV) dar
- Eine Stationierung von Nuklearwaffen im eigenen Land ist unvereinbar mit dem von der Bundesregierung erklärten Ziel einer kernwaffenfreien Welt
- Die Stationierung von Kernwaffen in Büchel setzt Deutschland mehrfachen Risiken aus: sie macht den Stationierungsort zum potenziellen Angriffspunkt einer militärischen oder terroristischen Aggression, und setzt die umliegende Zivilbevölkerung dem Risiko einer unbeabsichtigten Zündung oder eines radiologischen Unfalls aus
- Ein Einsatz der in Büchel stationierten Bomben würde mit großer Wahrscheinlichkeit das humanitäre Völkerrecht verletzen und hätte inakzeptable humanitäre und ökologische Folgen
Neben den inhaltlichen Punkten wurde in der politischen Diskussion auch darüber gesprochen, ob über einen Abzug der Kernwaffen gesprochen werden dürfe. Einige Autor*innen vertraten die Position, dass schon alleine eine Debatte Deutschlands Position gegenüber neuen Bedrohungen, etwa aus Russland, schwächt. Andere machten deutlich, dass eine solche Debatte Bestandteil demokratischer Willensbildung ist, und forderten umfassendere Transparenz ein.